... wurde für mich am 5 Mai 24 wahr, als ich im Rahmen des europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung ein Konzert in absoluter Dunkelheit konzipieren und durchführen durfte.
Als wir auf den europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung aufmerksam wurden, den Aktion Mensch am 5.5.2024 ausgerufen hat, war uns zunächst nicht klar, inwiefern wir hier einen Beitrag leisten könnten.
Doch nach ein oder zwei Tagen der Überlegungen und des Brainstorming wuchs in unserem Team eine Idee, die ich als Musiker schon lange mit mir herumgetragen hatte und nie durchführen konnte.
Ein Konzert im Dunklen. Ohne visuellen Anteil, ohne Show.
Doch nicht die Reduktion des visuellen Aspekts faszinierte mich schon immer, sondern viel mehr die Konzeption einer musikalischen Idee, die speziell für die Dunkelheit gedacht und arrangiert ist.
Wie geht das?
Ich hatte schon immer die Idee, in der Dunkelheit mit dem Raum und der Richtung, aus der die Musiker spielen, zu arbeiten.
Nachdem der Förderantrag eingereicht und die Musiker gewonnen waren, ging es an die Umsetzung.
Zum Glück konnte ich mit dem Blindencafé Würzburg einen sehr erfahrenen und kompetenten Partner und Berater finden.
Nach einem Treffen mit Thorsten Langner, dem Leiter des Blindencafés vor Ort war ich hochmotiviert, meinen künstlerischen Traum vom Dunkelkonzert umzusetzen.
Ich habe in meinem Musikerleben viele hochkarätige Musiker getroffen und wusste sofort, wer in Frage kommt für so ein Unterfangen:
Gismo Graf, Joschi Graf an den Gitarren, Felix Schneider am Piano und Anton Mangold am Saxophon bzw. an der Querflöte.
Alles Musiker, die in der Lage sind, ohne Noten und ohne auf ihr Instrument zu gucken und vor allem mit nur einer Probe (!) meine Vorstellungen umzusetzen.
Für das Publikum war es ebenfalls eine Herausforderung, musste man doch an der Tür zum Konzertraum die Kontrolle und Selbstbestimmtheit ein Stück weit abgeben und sich auf die Dunkelheit einlassen. Die Zuhörer:Innen wurden von blinden Helfern auf ihre Plätze geführt und bekamen weder die Musiker noch den Raum bei Licht zu sehen. Auch nach dem Konzert wurden sie wieder herausgeführt, sodass die eigene Vorstellung, die während des Konzerts von Raum, Lage und Musikern entstanden ist, nicht durch die "Realität" widerlegt wurde.
Genau dieser Aspekt fasziniert mich am meisten am ganzen Konzert, weshalb ich auch hier keine Bilder vom Konzertraum selbst veröffentlichen werde.
Sofort entstand eine Verbindung zwischen Musikern und Publikum, bereits im ersten Stück gab es Szenenapplaus, als nach 20 Minuten zum ersten Mal Antons Mangolds Querflöte zu hören war, ging ein Raunen durch den Raum. Die Band musste natürlich auch eine Zugabe spielen und sowohl Musiker als auch Publikum sprachen im Nachgang von einem besonderen Erlebnis.
Nur einen Tag nach dem Konzert ging eine Anfrage des Blindeninstituts in Zusammenarbeit mit dem MainJAZZ Würzburg ein und es sieht ganz so aus als ob das nicht das letzte Konzert dieser Art in Würzburg war...